Der plötzliche Tod von „Busenwunder“ Lollo Ferrari war für die Medien mal wieder ein gefundenes Fressen, um über die Schönheitschirurgie in Windeseile Negativschlagzeilen zu verbreiten. Übertriebene, unrecherchierte und sachlich falsche Darstellungen der Chancen, Grenzen und Risiken von Brustaugmentationen haben einmal mehr Millionen von Fernsehzuschauern und Lesern einschlägiger Sensationsmagazine verunsichert. Dr. Wagner von der Münchner Klinik für ästhetische Chirurgie, klärt auf.

Vorbemerkung:

Die Bewertung der weiblichen Brust unterlag im Laufe der Menschheitsgeschichte in bezug auf Funktion, Ästhetik, Psychologie und Erotik vielen Wandlungen. Am Anfang stand im Vordergrund die Brust als Organ zur Erzeugung von Muttermilch, ohne die ein Überleben der Kinder nicht möglich gewesen wäre – sie war insoweit Fruchtbarkeitssymbol. Die Renaissance stilisierte die weibliche Brust in der bildenden Kunst zu einem Ort der Sinnlichkeit. Dieser Aspekt taucht heute unter dem Begriff Erotik wieder auf. Und nicht zuletzt durch den medizinischen Fortschritt ist eine Idealisierung der Körperlichkeitmitgeringem Risiko erst möglich geworden. In einer Zeit, in der die weibliche Brust von den Bildmedien erobert wurde, verwundert es nicht,dass Frauen mit einer zu kleinen oder erschlafften Brust unzufrieden sind. Die Vergrößerung oder Augmentation der Brust erfolgt normalerweise mit Implantaten aus synthetischen Materialien. Die Verwendung von Eigengewebe zur Vergrößerung der Brust kann aufgrund der dabei entstehenden Entnahmedefekte und der ausgedehnten Narben nur in speziellen Einzelfällen oder im Rahmen der Rekonstruktion nach einem Mammakarzinom eine angemessene Vorgehensweise sein.

In der Regel wird der Ersteingriff in Vollnarkose durchgeführt. Die stationäre Verweildauer beträgt 1-2 Tage. Sofern eine tägliche Kontrolle in der Klinik aufgrund der räumlichen Nähe des Wohnortes möglich ist, kann der Eingriff auch ambulant erfolgen. Dem Eingriff geht selbstverständlich ein ausführliches Aufklärungsgespräch voraus, wo Möglichkeiten, Erwartungen sowie Risiken eingehend besprochen werden müssen. Dabei wird die zu wählende Implantatgröße einen nicht unerheblichen Raum einnehmen. Ziel ist sicherlich nicht die Wunschvorstellung des Plastischen Chirurgen bezüglich einer weiblichen Brust. Trotzdem muss neben den Vorstellungen der Patientin auch die Körperproportion und die Harmonie der Körpererscheinung berücksichtigt werden. Das „gesunde Mittelmaß“ zu finden, ist nicht zuletzt auch die Kunst eines verantwortungsvollen Operateurs.

Wie wird die Operation durchgeführt?

Die Implantate werden durch einen kleinen Hautsehnitt in der Brustumsehlagsfalte, am Brustwarzenvorhofrand oder in der Achselhöhle, eingebracht. Andere Zugangswege (z.B. endoskopisch über eine Nabelinzision) sind möglich, schränken jedoch die Implantatwahl erheblich ein. Die Länge des Hautschnittes beträgt je nach Größe und Typ des Implantats 4-6 cm. Die Lage des Implantats kann oberhalb oder unterhalb des Brustmuskels gewählt werden. Eine Platzierung oberhalb des Brustmuskels führt zu einer besseren Projektion sowie einer natürlich wirkenden leichten Senkung der Brust. Dagegen ist die Bedeckung des Implantats bei Platzierung unterhalb des Brustmuskels vor allem bei dünnem Hautweichteilmantel besser. Auch eine Verhärtung wird in diesem Fall besser kaschiert.

Welche Implantate sind zu bevorzugen?

Allen Implantaten gemeinsam ist eine Hülle aus Silikonpolymer. Die Implantate unterscheiden sich anhand des Inhalts. Dieser besteht heute im wesentlichen aus Silikongel, Kochsalz oder Hydro-gel. Mit Sojaöl gefüllte Implantate sind wegen allergischer Nebenwirkungen vor kurzem wieder vom Markt genommen worden. Daneben gibt es doppellumige Implantate, bei denen ein Kern aus Silikongel besteht, der von einer kochsalzgefüllten Kammer umgeben ist. Die doppelte Hülle vermittelt das Gefühl zusätzlicher Sicherheit in bezug auf das „Ausschwitzen“ von Silikon. Zudem können kleinere Seitendifferenzen problemlos ausgeglichen werden. Die heute vielfach verwendeten texturierten Oberflächen bei Implantaten führen zur Bildung einer ungeordneten bindegewebigen Hülle, in der das Netzwerk der Implantatoberfläche fest verankert wird. Dies führt zu einer deutlichen Senkung der Kapselfibroserate, auf die im folgenden noch näher eingegangen wird. Die Eigenschaften des Weichteilgewebes werden zweifelsohne am besten mit Silikongelprothesen imitiert. Diese fühlen sich am natürlichsten an und sind in der Regel kaum vom normalen Brustdrüsengewebe unterscheidbar. Inwieweit die relativ neu auf dem Markt befindlichen Hydrogel-Implantate die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, wird die Zukunft zeigen. Kochsalzimplantate sind, was den „subjektiven Sicherheitsaspekt“ betrifft, sicherlich bei ängstlichen Patienten zu bevorzugen. Als gravierender Nachteil muss jedoch berücksichtigt werden, dass ihre viskoelastischen Eigenschaften nicht mit denen von Gelimplantaten vergleichbar sind, zudem gelegentlich eine sichtbare Wellenbildung auftritt, besonders wenn der bedeckende Weichteilmantel dünn ausgebildet ist „Cohesive Gel-Implantate“ sind durch andere Polymerisation des Siloxan-Moleküls wesentlich härter und formstabiler. Ein Auslaufen des Silikongels ist somit ausgeschlossen. Nachteilig ist die deutlich härtere Konsistenz dieser Implantate, was sich beim Tasten feststellen lässt.
Eine abschließende Bewertung ist sicher schwierig, wenn man die Vor- und Nachteile der verschiedenen Implantattypen berücksichtigt. Jedenfalls kann unter dem Aspekt der Sicherheit heute durchaus auch ein Silikongelimplantat empfohlen werden. Das Hüllmaterial aus Silikon ist gegenüber den Anfängen soweit verbessert worden, dass ein „Ausschwitzen“ des Silikongels weitgehend verhindert wird. Implantatrupturen spielen nicht die Rolle, wie in der breiten Öffentlichkeit oft vermutet wird, so dass auch insoweit das Risiko einer Verschleppung von Silikon durchaus kalkulierbar bleibt. Und nicht zuletzt der unleugbare Vorteil der Silikongelimplantate, ihre hervorragenden viskoelastischen Eigenschaften, die das Weichteilgewebe am besten imitieren. Wir wollen nicht verhehlen, dass nicht nur ein Automobil, sondern auch ein Implantat nach ca. 35 Jahren (und solange gibt es Brustimplantate bereits) höheren Sicherheitsanforderungen genügt.

Welche Risiken birgt der Eingriff?

Die häufigste Komplikation der Brustaugmentation ist die Kapselfibrose. Der Körper bildet um jedes Fremdmaterial (z. B. Implantat) eine bindegewebige Abgrenzung. Die Bildung einer dünnen Bindegewebskapsel rund um die Prothese ist eine normale physiologische Reaktion auf den Fremdkörper. Ist die Bindegewebsneubildung gesteigert, so handelt es sich um eine Kapselfibrose, die in statistisch bekannter Häufigkeit auftritt. Die Raten schwanken in der Literatur zwischen 5 und 15 Prozent. Die Kapselfibrosen können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und ein- oder beidseitig innerhalb von Wochen oder Jahren nach der Operation auftreten. Die Ursachen für diese „Überreaktion“ des Organismus sind bis heute nicht endgültig geklärt, jedoch gelten ein Bluterguss, eine Kontamination mit Keimen, das Ausschwitzen von Silikongel sowie die Oberflächenstruktur der Implantate als mitursächlich für das Auftreten dieser Komplikation. Durch die Verwendung „texturierter“ Oberflächen kann die Kapselfibroserate deutlich gesenkt werden. Eine Kapselfibrose kann zu Verhärtungen, Schmerzen, Verformungen der Brust, Tastbarkeit des Implantats oder zu dessen Verlagerung führen. Weiterhin kann austretendes Silikon (z. B. im Rahmen einer Ruptur) zu granulomatösen Entzündungen, sogenannten Silkonomen führen. Sowohl bei stärkerer Kapselfibrose als auch bei Implantatruptur sollte eine operative Revision mit Wechsel des Implantats durchgeführt werden. Der Verdacht, Implantate würden zur Auslösung von Autoimmunerkrankungen führen oder eine maligne Entartung induzieren, konnte durch große, epidemiologische Studien nicht erhärtet werden. Die Ergebnisse des Institute of Medicine, die im Auftrag des US-Kongresses Studien durchführten, belegen dies in eindrucksvoller Weise.

Zusammenfassung:

Eine erschöpfende Darstellung der Problematik der Brustaugmentation ist im Rahmen dieses Artikels sicher nicht möglich und auch nicht gewollt. Trotzdem hoffe ich, wenigstens die wesentlichen Punkte angesprochen zu haben, die für eine Entscheidungsfindung für oder gegen die Durchführung einer Operation relevant sind. Die Entscheidung muss immer der Patient selbst -unter Abwägung der möglichen Risiken – treffen. Bei sachgerechter Ausführung der Operation und Auswahl eines geeigneten Implantats können in hohem Prozentsatz dauerhaft gute Ergebnisse erzielt werden. Trotzdem ist in jedem Fall zu berücksichtigen, dass in der Regel im Laufe des Lebens Reeingriffe erforderlich werden, um -auch in Anbetracht der Alterung der Haut – ein stabiles und ästhetisch ansprechendes Ergebnis dauerhaft zu gewährleisten.

Dr. Matthias Wagner Münchner Klinik für ästhetische Chirurgie

MEDICINE & BEAUTY 1/2000